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Die Waldkapelle - Eine Anekdote aus dem 20.Jahrhundert


DIE WALDKAPELLE =============

Anfang des 20.Jahrhunderts, in der Wilhelminischen Zeit hat es sich zugetragen :

Die Frau Geheimrätin wünscht ihren Sommeraufenthalt in der Nähe des Fürstenwaldes zu nehmen. Da sie weiss, dass der Andrang sehr gross ist, fährt sie schon vor der Saison hin, um sich ein Zimmer nach ihrem Geschmack auszusuchen. Durch den Dorfschulzen geleitet, findet sie ein Zimmer. Sie mietet es für die kommende Saison und fährt wieder nach Hause. Dort angelangt, fällt ihr ein, dass sie vergessen hat, nach zu fragen, ob auch ein WC vorhanden sei. Sie schreibt also dem Dorfschulzen und bittet um Nachricht!

Der Dorfschulze zerbricht sich den Kopf, was wohl mit WC gemeint sein könnte. Schliesslich geht er zum Pastor des Dorfes. Der meint, damit sei wohl die neue Waldkapelle gemeint. Strahlend begibt sich der Dorfschulze nach Hause, in der Meinung, die Frage gelöst zu haben und schreibt folgenden Brief an die Frau Geheimrätin:

Sehr geehrte gnädige Frau! WC ist vorhanden und liegt inmitten eines prächtigen Tannenwäldchens, etwa eine halbe Stunde vom Hotel entfernt. Wegen seiner gesunden Lage sehr zu empfehlen. WC ist geöffnet: mittwochs und sonnabends. Es empfielt sich wegen des ungeheuren Andrangs schon eine halbe Stunde früher da zu sein. Gnädige Frau können jedoch beruhigt sein, da etwa 600 Sitzplätze vorhanden sind. Bei schönem Wetter findet die ganze Sache im Freien statt. Sonntags empfielt sich ein Besuch besonders, weil dann die Veranstaltung mit Orgelmusik begleitet wird. Demjenigen, welcher keinen Sitzplatz erhält, ist Gelegenheit gegeben, sich an die umseitige Mauer zu stellen. Um Ihnen aber einen Vorzugsplatz zu reservieren, werde ich den besten für Sie freihalten und wenn es mir möglich ist, Ihnen meine Gesellschaft antragen und Sie gern begleiten! Auch ist die Akustik ganz hervorragend und von vielen Kennern schon bewundert. Selbst der zarteste Ton ist in allen Ecken schön zu hören und verbreitet ein tausendfaches Echo. Ein Gefühl der Andacht überkommt einen, wenn man in Ehrfurcht seine Knie beugt. Beim Verlassen dieser Stätte werden Sie das Gefühl grosser Erleichterung haben und jeder Druck wird von Ihnen genommen sein. Für unsere Gäste, für die dieser Weg zu weit ist, haben wir einen Kutschenverkehr eingerichtet. In der Erwartung, dass Sie lebhaften Gebrauch davon machen werden, zeichnet Hochachtungsvoll Ihr ergebener Dorfschulze P.S.: Werte Frau Geheimrätin, Bitte nehmen sie sich ein paar wollene Socken und warme Schuhe mit, da WC nicht beheizt ist.