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Die Werbung ist ein parfümiertes Stück Aas

Hier ein etwas älterer ironischer Text über die uns täglich auf´s neue nervende, wunderbare Welt der Werbung, vom "Erfinder" der Schockwerbung bei Benetton: Oliviero Toscani. Das ganze ist aus einer Zeitschrift für politische Bildung abgetippert (weiss leider nicht mehr genau wo und wann). Darf man mit Bildern vom elektrischen Stuhl für Pullover werben ? Mit Umweltkatastrophen und menschlichen Tragödien ? Olivero Toscani tut´s und attackiert gleichzeitig die heile Welt der Werbung als "parfümiertes Stück Aas"
Aufgrund folgender Untaten erkläre ich hiermit den Prozess gegen die Werbung für eröffnet:
  • Verschwendung von Unsummen
  • Soziale Nutzlosigkeit
  • Lüge
  • Verbrechen gegen die Intelligenz
  • Heimliche Verführung
  • Verherrlichung der Dummheit

DIE ANKLAGE: "Die Werbung ist ein parfürmiertes Stück Aas"

Halleluja ! Treten Sie ein in die beste aller  Welten,  das  Paradies auf Erden, das Reich der  Glückseligkeit  des sichern  Erfolgs und der ewigen Jugend. In diesem  Wunderlrand  mit immer blauem Himmel  trübt kein saurer Regen das glänzende Grün  der Blätter,  nicht der  kleinste  Pickel wölbt die babyrosa Haut der  Mädchen, und  niemals verunziert  ein  Kratzer die spiegelblanken Karosserien der  Autos. Auf leergefegten  Strassen  fahren junge  Frauen  mit  langen,  braungebrannten  Beinen  in  schimmernden Limousinen, die soeben aus der Waschanlage kommen.
Unfälle, Glatteis, Radarkontrollen und geplatzte Reifen sind ihnen fremd. Wie Aale schlängeln sie sich durch die Staus der Grossstädte, gleiten gräuschlos zu geräumigen Altbauwohnungen oder zu luxoriösen Wochenendhäusern mit unbezahlbaren Möbeln. Dort erwarten sie Opapa und Omama - natürlich in Topform - in mitten eines Blumenmeeres und zu den heiteren Klängen eines Violinkonzerts. Die Kinder hüpfen lachend um sie herum und sind ausser sich vor Freude. Sie weinen nicht mehr, bekommen nie Läuse oder Scharlach und sie stecken auch niemals die Finger in die Steckdose. Ihre Mami - zwanzig Jahre alt, kein Gramm Zellulitis und ohne einen einzigen Schwangerschaftsstreifen- wickelt singend die strammen Babypops, die niemals vollgeschissen sind, sondern wunderbar duften.
Gutaussehende junge Banker empfangen Papi, ihren besten Freund, in ihren Bürolandschaften und versprechen ihm das süsse Leben. Keine Engpässe mehr am Monatsende, Kredite, Finanzierungspläne, Rentenversicherung, Bausparpläne - kein Problem ! Aufgeklärt, ach was: erleuchtet geht Papi nach Hause, jetzt ist Schluss mit der Krise, Schluss mit Entlassungen, Arbeits- losigkeit, Konkusverfahren. Mit seiner neuen Kreditkarte gehört ihm die Welt, er kann mal eben nach Saint-Tropez oder nach Bangkok jetten, mit Sohnemann auf den Malediven Haie fischen oder sich in einem Vier-Sterne-Hotel in Guayaquil mit Mädchen in String-Bikinis amüsieren. Keine schlaflosen Nächte mehr, es genügt, die Zauberkarte in den Traumautomaten zu schieben - lebe jetzt, zahle später. Begeistert ruft er, Telefonrechnung hin oder her, Mami an, die sich eine ihrer zahllosen Schönheitskuren in den Bergen oder an einem Palmenstrand (aber ohne Eingeborene) gönnt.
Wozu sich Sorgen machen ? Braungebrannte Vierziger hinter imposanten Schreibtischen kümmern sich um alles und versichern Sie gegen alle Risiken und alle Krankheiten - aber psst! dieses Wort ist hier verboten ! Sie erstatten Ihnen, ohne mit der Wimper zu zucken, alle Artzkosten und sorgen dafür, dass Sie Ihren Ruhestand in einem Landhaus mit nachgemachtem Fachwerk und altmodischem Kachelofen verbringen können.
Diese idylische Welt ist das künstliche und abgeschmackte Reich der Werbung, die uns seit bald dreissig Jahren verblödet. Oliviero Toscani